So kommen Sie zu Ihrer Patientenakte
Die Patientenakte beinhaltet alle wichtigen Unterlagen zu Ihrer Gesundheit und den bisherigen Behandlungen bei Ihrem Arzt. Dennoch ist das Anfordern von Kopien der Behandlungsunterlagen beim Arzt oder die Bitte, Einsicht nehmen zu können, nicht immer so einfach und das, obwohl Sie einen gesetzlichen Anspruch hierauf haben. In diesem Beitrag beschäftigen wir uns mit der Patientenakte und wie Sie am besten an Ihre Unterlagen kommen!
Was ist die Patientenakte?
Eine Patientenakte beinhaltet die Anamnese, Diagnosen, Untersuchungen, Untersuchungsergebnisse, Befunde, Therapien und ihre Wirkungen, Eingriffe und ihre Wirkungen, die Einwilligungen und Aufklärungen.
Daher sind auch Röntgenbilder oder eine Behandlung im Krankenhaus stets Teil der Krankenakte.
Der Umfang einer Patientenakte hängt stark von der Menge an Gesundheitsdaten, also der „Geschichte“ des Patienten ab und kann von wenigen Seiten bis zu einem ganzen Ordner reichen.
Seit dem 01. Januar 2021 können alle Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen auch eine elektronische Patientenakte, kurz ePA, erhalten. Die Nutzung dieser ist für den Versicherten freiwillig, bietet sich aber oftmals an.
Einsicht in die Patientenakte
Wer seine Patientenakte anfordern möchte, drückt hiermit nicht zwangsweise ein Misstrauen gegenüber dem behandelnden Arzt aus.
Ganz im Gegenteil sind die Gründe, aus welchen jemand Einsicht in seine Patientenakte nehmen möchte, ganz verschieden: Vielleicht kann sich derjenige nicht mehr an alle Behandlungen und Ergebnisse dieser erinnern, will sich Klarheit über seinen Gesundheitszustand verschaffen oder braucht die Gesundheitsdaten, um zum Beispiel die Gesundheitsfragen einer Versicherung richtig und vollständig zu beantworten. In letzterem Fall raten wir als freie Finanz- und Versicherungsberater übrigens immer, sich bei der Gesundheitsprüfung die Patientenakte zur Hilfe zu nehmen.
Auch bei einem Arztwechsel kann es hilfreich sein, um dem neuen Arzt durch eine Kopie der Patientenakte die weitere Behandlung zu erleichtern. Gerade bei einer umfangreicheren Gesundheits- bzw. Krankheitshistorie ergibt dies Sinn.
Stehen Behandlungsfehler im Raum, ist die Patientenakte auch ein zentrales Beweismittel für einen Prozess, weshalb Änderungen oder Ergänzungen in dieser zu kenntlich zu machen sind.
Auch wenn Ihr Arzt in Rente geht und es daher zur Schließung der Praxis kommt, werden die Patientenakten weiterhin aufbewahrt: Es gilt eine Aufbewahrungsfrist von 10 Jahren nach Abschluss der Behandlung.
Tatsächlich kommt es gar nicht so oft vor, dass Patienten nach ihrer Akte fragen, was vielleicht auch das eher ablehnende Verhalten von manchen Ärzten erklärt.
In welcher Form Sie die Patientenakte anfordern ist im Übrigen egal, wichtig ist nur, dass es der Praxis möglich ist, Ihre Identität zu verifizieren.
Gut zu wissen: Wie lange dauert es, die Krankenakte herausgegeben wird? Gesetzlich ist vorgesehen, dass die Kopie der Akte bzw. die Einsicht in diese unverzüglich ermöglicht wird. Unverzüglich meint aber nicht sofort innerhalb der nächsten 5 Minuten, sondern „ohne schuldhaftes Zögern“.
Ärzten ist das Recht vorbehalten, zunächst zu prüfen, ob etwas gegen die Einsichtnahme spricht. Daher – und aufgrund interner Organisation – ist es nicht unüblich, dass der gesamte Vorgang ein bis zwei Wochen dauert. Ein Zeitraum von 14 Tagen ist daher noch vertretbar. Dauert es hingegen (deutlich) länger, hilft ein nettes Fragen nach dem aktuellen Stand oftmals schon weiter. Was Sie tun können, wenn auch dann keine Reaktion kommt, lesen Sie weiter unten.
Ihr gutes Recht: Die rechtlichen Grundlagen
Es ist kein extravagantes Verlangen, wenn Sie Ihre Patientenakte anfordern wollen. Ganz im Gegenteil: Es gehört nicht nur zu den normalen Leistungen eines Arztes, sondern ist vielmehr Ihr gutes Recht. Hierin liegt nämlich eine sogenannte Nebenpflicht aus dem Behandlungsvertrag.
Noch zehn Jahre nach einer Behandlung können Sie die Patientenakte anfordern. So lange ist der behandelnde Arzt verpflichtet, die Akten seiner Patienten aufzubewahren.
§ 630g BGB
Im Bürgerlichen Gesetzbuch findet sich die gesetzliche Bestimmung zum Einblick nehmen in die Patientenakte. § 630g BGB bestimmt, dass dem Patienten unverzüglich (also ohne schuldhaftes Zögern) Einsicht in die vollständige Akte zu gewähren ist.
Die einzige Ausnahme hierzu besteht, wenn erhebliche therapeutische Gründe oder erhebliche Rechte Dritter der Einsichtnahme entgegenstehen. Versagt der Arzt die Einsichtnahme, ist diese Ablehnung zu begründen.
Patienten können auch eine elektronische Kopie der Akte verlangen. Entstandene Kosten (etwa für Datenträger, Versand o. ä.) trägt der Patient.
Gut zu wissen: Das Recht auf Akteneinsicht besteht nicht nur für ärztliche Behandlungen, sondern auch für Psychotherapie. Hier sind aber nur die objektiven und dokumentationspflichtigen Angaben vom Recht auf Herausgabe betroffen, nicht die persönlichen Gesprächsnotizen des Therapeuten.
Stirbt der Patient oder die Patientin, können die Erben Herausgabe der Patientenakte verlangen, um die ihre vermögensrechtlichen Interessen wahrzunehmen. Gleiches gilt in bestimmten Fällen für die nächsten Angehörigen des Patienten. Diese Rechte sind jedoch dann ausgeschlossen, wenn sie dem ausdrücklichen oder mutmaßlichen Willen des Patienten entgegenstehen.
Datenschutz Grundverordnung
Gesundheitsinformationen, also auch Behandlungsunterlagen oder Befunde, zählen zu der besonderen Art personenbezogener Daten, weshalb sie in besonders schützenswert sind. Die Inhalte aus der Patientenakte sowie etwaige Kopien dürfen nur unter engen Voraussetzungen erhoben, genutzt oder verbreitet werden. Hierzu benötigt der Arzt die Zustimmung des Betroffenen. Die Übermittlung der Informationen an Dritte ist nur in wenigen Ausnahmefällen zulässig, hierzu wird die explizite Einwilligung oder eine gesetzlich bestimmte Erlaubnis benötigt.
So kommen Patienten zu ihrer Akte
Als Patient können Sie Ihre Akte schriftlich per Brief, persönlich, am Telefon oder per E-Mail anfordern. Wichtig ist nur der Nachweis Ihrer Identität, daher bietet es sich an, direkt persönlich in der Praxis vorbeizukommen.
Für die schriftliche Anfrage können Sie auf diverse Muster zugreifen, wie etwa das der Stiftung Warentest.
Sie müssen keinen Grund für Ihre Forderung nennen. Begnügen sich die Mitarbeiter hiermit nicht und fragen nach, kann es für manche Personen unangenehm sein, bloß zu schweigen. Daher bietet es sich an, mitzuteilen, dass die Dokumente für „die eigenen/persönlichen Unterlagen“ benötigt werden.
Was tun als Patient, wenn sich der Arzt weigert?
Verlangen Patienten die Einsichtnahme in ihre Akte, kommt es leider nicht selten vor, dass sich Ärzte oder die Praxis querstellen oder sehr unkooperativ sind. Woher dieses Verhalten kommt, ist eine Frage für sich, denn wie bereits festgestellt haben Sie sogar einen gesetzlichen Anspruch auf Einsicht in die Patientenakte.
Die Stiftung Warentest hat im Rahmen einer Stichprobe genau diesen Eindruck der Patienten bestätigt. Es wurden jeweils drei Testpersonen zum eigenen Hausarzt, Frauenarzt sowie zu Zahn- und Augenärzten geschickt, um ihre Akte anzufordern. Zwar sind die Ergebnisse nicht repräsentativ, für alle Ärztinnen und Ärzte, aber dennoch erschreckend:
In zwei von zwölf Fällen wurde die Patientenakte bereitwillig herausgegeben. In sechs Praxen wurden die Testpersonen durch das Personal nach dem Grund gefragt. In vier Fällen reagierten die Beschäftigten abweisend.
Von den zwölf angeforderten Akten waren sieben beinahe leer oder sehr lückenhaft, drei hiervon durch die geringe Kopierqualität nur schlecht lesbar (gleiches gilt für die berühmt-berüchtigte Handschrift des behandelnden Arztes). In den meisten Fällen mussten die Patienten nichts oder nur maximal 50 Cent bezahlen, wobei eine Ärztin tatsächlich 14,40 Euro verlangte.
Haben Sie die Einsichtnahme in die Patientenakte vorab persönlich verlangt haben und kommt es tatsächlich zur Verweigerung, sollten Sie die Anfrage schriftlich wiederholen.
Den frei verfügbaren Musterbrief von Stiftung Warentest finden Sie hier.
Bleibt auch dieser Versuch fruchtlos und weigert sich der Arzt weiterhin, besteht die Möglichkeit, sich bei der Ärztekammer zu beschweren.
Auch können Sie sich an die unabhängige Patientenberatung Deutschland wenden, die Sie hier finden.
Unsere Tipps für Sie
Persönlich nachfragen
Es bietet sich an, nach dem Arztbesuch direkt persönlich nach der Krankenakte zu bitten. Ihre Identität kann vor Ort festgestellt werden, Probleme mit dem Datenschutz entstehen somit gar nicht erst und ein ehrliches Lächeln hilft oft mehr als man denkt.
Behandlung im Krankenhaus
Gleiches gilt für Patientenakten aus der Klinik. Denn auch die Untersuchungsergebnisse und Co. dürfen die Krankenhausgrenzen verlassen und dem Patienten (etwa für die weitere Behandlung durch den Hausarzt) zur Verfügung gestellt werden. Hier können Sie sich an die behandelnde Abteilung oder die Verwaltung der Klinik wenden. Reichen Sie Ihre Anfrage schriftlich ein, achten Sie darauf, die Adresse der Abteilung so genau wie möglich zu bezeichnen und geben Sie neben Ihrem Namen auch Ihr Geburtsdatum an.
Richtig auf Fragen reagieren
Wie bereits festgestellt sind Sie nicht dazu verpflichtet, Gründe zu nennen, weshalb sie die Kopie Ihrer Patientenakte anfordern – weder dem Arzt noch Personal gegenüber. Fragen diese Personen doch nach, bestehen vielleicht sogar auf eine Begründung, gibt es mehrere Möglichkeiten zu reagieren. Sie können einerseits schweigen oder angeben, sich hierzu nicht äußern zu müssen oder zu wollen. Dies ist richtig, fällt vielen Menschen aber schwer, vor allem da es sich beim Gegenüber um Personen handelt, die man doch öfter sieht und es unhöflich erscheint, jemanden anzuschweigen. Daher raten wir dazu, auf die eigenen Unterlagen zu verweisen. Dies ist Begründung genug und bedarf keiner weiteren Ausführung.
Die Patientenakte ist nicht vollständig
Nicht selten sind angeforderte Patientenakten unvollständig, schlecht lesbar oder auf andere Weise mangelhaft. Hier sollten Sie unbedingt nachhaken – schriftlich. Benennen Sie die Stellen, welche Sie nicht entziffern können oder Behandlungen, Ergebnisse und sonstigen Krankenunterlagen, welche fehlen. Lassen Sie sich auf keinen Fall mit einer an Mängeln leidenden Akte abspeisen.
Eine Portion Nachdruck
Weigert sich der Arzt ohne vernünftige Begründung, Ihnen die Einsicht in die Patientenakte zu gewähren, sollten Sie weitere Schritte vornehmen und auch entsprechende Maßnahmen einleiten. Weisen Sie auf die Rechtsgrundlage hin und verlangen Sie nach einer Begründung für das Verweigern der Aushändigung Ihrer Patientenunterlagen. Wenn Sie das Gespräch suchen, sollten Sie höflich und respektvoll bleiben, jedoch nicht aus falscher Nettigkeit von Ihrem Vorhaben absehen, sondern diesem den nötigen Nachdruck verleihen. Hilft all das nichts, wenden Sie sich an die Ärztekammer oder weitere Anlaufstellen, um sich die nötige Unterstützung zu holen.
Weitergabe der Patientenunterlagen an Dritte
Wurden Ihre Gesundheitsdaten in Form der Patientenakte an unberechtigte Dritte weitergegeben, liegt hierin mindestens ein schwerer Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung. Denn Ärzte unterliegen der Schweigepflicht, welche sowohl in der Berufsordnung als auch im Strafgesetzbuch verankert ist. Verstößt ein Arzt gegen die Grundsätze für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten (Art. 5 DSGVO) kann ein Bußgeld von bis zu 20.000 Euro drohen. Diesem Schutz unterliegen übrigens nicht nur hochsensible Behandlungsunterlagen, sondern alle Informationen, die im Zusammenhang mit dem Versicherten, also Patienten, stehen.
Der Anspruch von Angehörigen
Nach dem Tod des Patienten können auch Angehörigen die Unterlagen durch den Arzt zur Einsicht als Kopie überlassen werden. Dies ist aber an gewisse Voraussetzungen geknüpft, da die ärztliche Schweigepflicht den Tod des Behandelten überdauert. Erben können zum Beispiel dann Einsicht verlangen, wenn die sie ihre vermögensrechtlichen Interessen wahrnehmen wollen. Aber auch nächste Angehörige, die keine Erben sind, können zur Wahrnehmung immaterieller Interessen die Unterlagen der Patientenakte verlangen.
Ausgeschlossen ist der Anspruch hingegen, wenn gegen den mutmaßlichen oder ausdrücklichen Willen des Patienten verstoßen wird. Dem Arzt obliegt hier die Prüfung des Patientenwillens, wobei ihm ein Ermessen zusteht, welches nur begrenzt gerichtlich überprüfbar ist.
Fazit: Patientenakte anfordern – So geht’s
Das Anfordern der eigenen Patientenakte ist ein wichtiger Schritt, um sicherzustellen, dass man als Patient gut informiert und in den Behandlungsprozess involviert ist. Die Patientenakte ist ein umfassendes Dokument, das alle relevanten Informationen über die medizinische Versorgung eines Patienten enthält und ist für die Koordination der Gesundheitsversorgung von entscheidender Bedeutung.
In der Regel beginnt alles mit einem Besuch bei einem Arzt oder anderen Behandler, sei es in einer Praxis oder in einem Krankenhaus. Während des Behandlungsprozesses sammeln Ärzte und medizinisches Personal eine Vielzahl von Informationen, darunter Untersuchungen, Befunde und weiterführende Behandlungsunterlagen. Diese Daten werden in der Patientenakte gespeichert und dienen dazu, die Gesundheit des Patienten zu dokumentieren und sie für die medizinische Versorgung sicherzustellen.
Nach Abschluss eines Arztbesuchs oder eines Krankenhausaufenthalts haben Patienten das Recht, ihre Patientenakte anzufordern. Dieser Anspruch auf die eigenen medizinischen Unterlagen ist wichtig, da die Informationen in der Akte wertvoll sein können, um die eigene Gesundheit zu verstehen und weitere Behandlungsentscheidungen zu treffen. Beispielsweise kann der Hausarzt von diesen Informationen profitieren, um die Kontinuität der Versorgung sicherzustellen.
Die Anforderung der Patientenakte erfolgt durch direkte Nachfrage bei den behandelnden Ärzten, Praxen oder Krankenhäusern. Die Form ist hier erst einmal egal, wobei sich das persönliche Vorsprechen anbietet. In einigen Fällen kann die Anforderung auch elektronisch über die elektronische Patientenakte (EPA) System erfolgen. Dies ermöglicht eine schnellere und effizientere Weitergabe der Daten.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Patientenakte sensible Informationen enthält, und deren Weitergabe sollte sorgfältig und unter Einhaltung der Datenschutzrichtlinien erfolgen. In einigen Fällen können auch Angehörige oder gesetzliche Vertreter im Namen des Patienten Zugang zur Akte beantragen, jedoch nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Patienten.
Insgesamt ist die Möglichkeit, die eigene Patientenakte anzufordern, ein wichtiger Schritt zur Förderung der Transparenz und Partizipation in der Gesundheitsversorgung. Durch den Zugriff auf diese Informationen können Patienten besser informierte Entscheidungen über ihre Gesundheit treffen und sicherstellen, dass ihre medizinische Versorgung effektiv koordiniert wird.
2 Antworten
Guter Artikel, ergänzend könnte man auch noch bei der in Frage kommenden Kassenärztlichen Vereinigung eine Auskunft anfordern.
Bei der KV Bayern etwa lässt sich die Auskunft bequem online anfordern:
https://www.kvb.de/kontaktformular-fuer-patienten
-> “Auskunft über gespeicherte Daten” auswählen.
Hallo Herr Fitz,
sehr gute Anmerkung, vielen Dank dafür.
Anbei ein spannendes Urteil vom Europäischen Gerichtshof,
dass Patienten eine Anspruch auf eine kostenlose Einsicht der Patientenakten haben:
https://www.tagesschau.de/ausland/europa/patientenakte-einsicht-eugh-100.html