Es besteht weitestgehend Einigkeit: Altersvorsorge ist ein wichtiges Thema, das keinen Aufschub duldet. Während ein ETF-Depot immer beliebter wird, blicken wir in diesem Beitrag auch auf die ETF-Rentenversicherung und stellen beide Vorsorgestrategien einander gegenüber.
1. Das sog. Langlebigkeitsrisiko
Wer mit der eigenen Altersvorsorge bereits dreißig oder vierzig Jahre vor Renteneintritt beginnt, der möchte hiervon auch möglichst lange etwas haben. Das angesparte Vermögen soll idealerweise bis zum Ende des Lebens ausreichen.
Wer mit 67 Jahren in Rente geht, sollte im daher Vermögen für die nächsten 15 Jahre erwirtschaftet haben: Die durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland liegt bei etwa 81 bis 82 Jahren.
Diese Durchschnittswerte, Mehrheiten und Wahrscheinlichkeiten können jedoch falsche Tatsachen suggerieren und zu fehlerbehafteten Annahmen führen. Einige Beispiele:
- Die Mehrheit der Bürger Deutschlands wird nicht berufsunfähig – einige jedoch schon.
- Auch die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls, der das eigene Leben massiv verändert, ist gering, aber nicht gleich Null.
- Letztlich stirbt der durchschnittliche Mensch glücklicherweise auch nicht mit Mitte 30. Wenn doch, kann es durchaus vorkommen, dass seine Hinterbliebenen mit einer erheblichen Kredittilgung für das einstige Familienheim zurückgelassen werden.
Diese genannten Szenarien werden durch Berufsunfähigkeits-, Unfall- sowie Risikolebensversicherungen abgesichert.
Die Rentenversicherung sichert hingegen den Fall ab, dass der Einzahlende nicht bereits mit 82, sondern mit über 90 oder sogar einhundert Jahren verstirbt: Derjenige bekommt eine lebenslange Rente, unabhängig vom Bestand des eigenen Vermögens. Hierbei gehen Versicherungsgesellschaften wie folgt vor: Sie schätzen die Lebenserwartung ihrer Kunden und verteilen das zum Renteneintritt verfügbare Vermögen entsprechend.
Inwieweit sich dies gelohnt hat, lässt sich in den meisten Fällen erst nach dem Ableben des Kunden beurteilen.
Zurück zur statistischen Lebenserwartung: Während sie gewiss ihre Daseinsberechtigung hat, berücksichtigt sie nicht die sog. “negative Risikoselektion”. Rentenversicherungen werden meistens von Menschen abgeschlossen, die durchschnittlich gesünder sind als die Bevölkerung Deutschlands. Plakativ gesprochen: Menschen mit Suchtproblemen (Alkohol, Drogen etc.) sowie solche, die schwer krank sind, schließen deutlich seltener eine Rentenversicherung ab. Halten wir fest: Während die statistische Lebenserwartung bei 81 bis 82 Jahren liegt, werden durchschnittliche Inhaber einer privaten Rentenversicherung deutlich älter.
Mit Blick auf ein ETF-Depot muss hier das bis zum Renteneintritt angesparte Vermögen für den Rest des Lebens reichen – wie lang oder kurz dies sein mag. Durch Schwankungen der Börse oder erhöhte Lebenshaltungskosten, etwa aufgrund einer Inflation, können Anleger gezwungen sein, Anteile zu verkaufen, um weiterhin den gewohnten Lebensstandard gewährleisten zu können. Die anfängliche Kalkulation würde hierdurch nicht mehr aufgehen, Vermögen müsste eingebüßt werden. Schreibt die Börse jedoch Rekordjahre während der Rentenjahre, profitieren private Anleger hiervon entsprechend.
Doch auch andere Faktoren, die mit überdurchschnittlichen und/oder unkalkulierbaren Ausgaben verbunden sind, können zu einer Minderung des Vermögens führen.
2. Steuern
Der wesentliche Unterschied zwischen einem ETF-Sparplan Depot und einer ETF-Rentenversicherung liegt in der Versteuerung; die Rentenversicherung wird steuerlich begünstigt. Dies ist allerdings an gewisse Voraussetzungen, die sog. 62/12-Regel, geknüpft:
Vertragsgemäß muss eine Besparung von mindestens 12 Jahren vorliegen und die Auszahlung frühestens mit 62 Jahren stattfinden.
ETF-Rentenversicherungen unterscheiden zwischen einer Einmal-Auszahlung und dem Auszahlen einer lebenslangen Rente, hierbei ergeben sich zusätzliche Unterschiede.
Ein weiterer wichtiger Faktor ist die sog. Teilfreistellung. Hierbei handelt es sich um den Anteil der Gewinne, auf den keine Steuern anfallen. Innerhalb von Rentenversicherungen ist die Teilfreistellung auf 15 % festgelegt; bei Fonds im Depot schwankt sie regelmäßig nach der Größe der Anteile an Aktien sowie den gewählten Fonds.
Die wichtigsten Zahlen der Teilfreistellung:
- Beträgt die Aktienquote 51% oder mehr, so liegt die Teilfreistellung bei 30 %.
- Beträgt die Aktienquote mindestens 25% aber maximal 50 %, liegt die Teilfreistellung bei 15 %.
- Liegt die Aktienquote bei unter 25 %, so besteht keine Teilfreistellung.
Gut zu wissen: Bei den gängigen und beliebten Aktien-ETFs wie der MSCI World, S&P 500 oder Emerging Markets liegt die Teilfreistellung bei 30% .
Ein vergleichender Blick:
ETF-Rentenversicherung
Wird eine lebenslange Rente gewählt, greift hier das Ertragswertverfahren. Bei der Einmal-Auszahlung hingegen das Halbeinkünfteverfahren.
Die Teilfreistellung bei Kapitalwahlrecht beträgt 15 %, bei einer Verrentung entfällt die Teilfreistellung.
Beim Ertragswertverfahren ist nur ein bestimmter Teil der Erträge steuerpflichtig. Auf welchen Anteil die Steuern nun entfallen bestimmt sich nach dem Zeitpunkt des Beginns der Rentenauszahlung. Gesetzlich ist dies in Tabelle 1. bb) § 22 EStG geregelt.
Bei Beginn der Rente vollendetes Lebensjahr des Rentenberechtigten | Ertragsanteil in % |
0 bis 1 | 59 |
2 bis 3 | 58 |
4 bis 5 | 57 |
6 bis 8 | 56 |
9 bis 10 | 55 |
11 bis 12 | 54 |
13 bis 14 | 53 |
15 bis 16 | 52 |
17 bis 18 | 51 |
19 bis 20 | 50 |
21 bis 22 | 49 |
23 bis 24 | 48 |
25 bis 26 | 47 |
27 | 46 |
28 bis 29 | 45 |
30 bis 31 | 44 |
32 | 43 |
33 bis 34 | 42 |
35 | 41 |
36 bis 37 | 40 |
38 | 39 |
38 bis 40 | 38 |
41 | 37 |
42 | 36 |
43 bis 44 | 35 |
45 | 34 |
46 bis 47 | 33 |
48 | 32 |
40 | 31 |
50 | 30 |
51 bis 52 | 29 |
53 | 28 |
54 | 27 |
55 bis 56 | 26 |
57 | 25 |
58 | 24 |
59 | 23 |
60 bis 61 | 22 |
62 | 21 |
63 | 20 |
64 | 19 |
65 bis 66 | 18 |
67 | 17 |
68 | 16 |
69 bis 70 | 15 |
71 | 14 |
72 bis 73 | 13 |
74 | 11 |
75 | 11 |
176 bis 77 | 10 |
78 bis 79 | 9 |
80 | 8 |
81 bis 82 | 7 |
83 bis 84 | 6 |
85 bis 87 | 5 |
88 bis 91 | 4 |
92 bis 93 | 3 |
94 bis 96 | 2 |
ab 97 | 1 |
Es gilt der Grundsatz: Je später der Renteneintritt, desto geringer fällt der steuerpflichtige Anteil. Ein Beispiel: Beginnt die Rente des Einzahlenden mit 65 Jahren, müssen nur 18 % der gesamten Erträge mit dem dann gültigen Steuersatz versteuert werden (die Steuerlast beträgt 18 %). Berücksichtigt man eventuell greifende Freibeträge und nimmt an, dass die spätere Steuerlast geringer ist als die aktuell bestehende, so pendelt sie sich hinsichtlich der ausgezahlten Rente häufig eher bei 0 ein. Mit Blick auf die heutige Gesetzgebung beträgt sie im schlimmsten Fall 8%.
Beim Halbeinkünfteverfahren zahlt der Betroffene zu einem frei wählbaren Zeitpunkt, aber frühestens mit 62 Jahren, das angesparte Geld in einer Summe aus der Rentenversicherung aus. Nur die Hälfte der Erträge sind dann steuerpflichtig.
ETF-Sparplan im Depot
Hier wird die Kapitalertragssteuer (25%) sowie ggf. der Solidaritätszuschlag in Höhe von 5,5% der KESt. fällig. Addiert ergibt dies eine Steuerlast von 26,376% auf alle Erträge (zzgl. eventuell anfallender Kirchensteuer).
Hier beträgt die Teilfreistellung 0 bis 30%, dies ist von der Aktienquote abhängig.
3. Wie (un-)sicher ist die steuerliche Zukunft?
Gesetze ändern sich – auch Steuergesetze bilden hier keine Ausnahme. Aktuell fallen 26,375% KESt auf Depot-Gewinne an. Es ist fraglich, ob dies auch beim Renteneintritt der aktuell Sparenden der Fall sein wird.
Im Zuge des vergangenen Wahlkampfes plädieren die SPD, die Grünen und Linken für eine Abschaffung der Kapitalertragsteuer: Aktionäre sollten anstelle dieser mit einem persönlichen Steuersatz verpflichtet werden. Konkret würde dies eine Steuerlast von 42% anstelle von 26,375% für all diejenigen bedeuten, die mehr als 58.000 € brutto jährlich verdienen. Inwieweit dies umgesetzt wird, bleibt noch unklar, die Möglichkeit ist jedoch weder fernliegend noch unwahrscheinlich. Eine belastbare, konkrete Antwort auf die Frage der Besteuerung der eigenen Depot-Erträge in 30 oder 40 Jahren kann also seriöserweise nicht gegeben werden.
Bei der Rentenversicherung sieht es jedoch etwas zuverlässiger aus: Es ist unwahrscheinlich, dass alle bestehenden Rentenversicherungen einer neuen gesetzlichen Regelung in Zukunft unterliegen werden. Dies wäre eher der Fall bei Verträgen, die nach einer Änderung der Gesetzeslage geschlossen werden. Diese Annahme ist zwar ebenfalls nicht belegbar, liegt jedoch insbesondere mit Blick auf die Vergangenheit und die Tatsache, dass Deutschland nun einmal das Land der Versicherungen ist, nahe.
Ein Beispiel: Lebensversicherungen, die bis Ende 2004 abgeschlossen wurden, genossen Steuerfreiheit. 2005 wurde jedoch auch hier eine Steuerpflicht eingeführt, die sich jedoch nur auf die ab diesem Zeitpunkt geschlossenen Neuverträge erstreckte.
4. Versicherer schließen auf – Auswahl und Flexibilität
Während das ETF-Depot bisher als besonders flexibel galt, ziehen moderne Rentenversicherungen nach und passen ihr Angebot, ihre Darstellung und die “User-Experience” entsprechend an. Konkret bedeutet dies, dass Versicherte einen täglichen Einblick in die Wertentwicklung haben, kostenfreie Entnahmen oder Sonderzahlungen tätigen können und von einer freien Verfügbarkeit im Rentenalter profitieren, um hier nur ein paar Aspekte zu nennen. Die Handhabe ist deutlich intuitiver geworden: Ein Depot im Gewand einer Versicherung.
Des Weiteren besteht die Möglichkeit der Vereinbarung einer Rentengarantiezeit. Hierdurch kann sichergestellt werden, dass eine dritte Person nach dem eigenen Tod den Anspruch auf die Rente hat und diese weiterhin ausgezahlt bekommt.
Diese Beispiele zeigen: Versicherung ist nicht gleich Versicherung. Versicherungsgesellschaften reagieren auf die modernen Bedürfnisse ihrer Kunden und passen ihr Angebot hinsichtlich des Kostenbewusstseins und der Flexibilität an.
Manche Versicherer bieten während der Entnahmephase neben dem bereits erwähnten Kapitalwahlrecht sowie einer lebenslangen Rente auch das Einrichten eines eigenen Auszahlplans an. Dieser vereinbart die steuerlichen Vorteile einer Rentenversicherung mit dem Auszahlplan eines Depots – ein weiterer Schritt in Richtung Flexibilität.
Eine ähnliche Trendwende lässt sich auch bei der Fondsauswahl beobachten: Anbieter haben nunmehr über einhundert Fonds und ETFs in ihrem Portfolio. Einzelaktien oder überdurchschnittlich exotische ETFs sind hierin zwar nicht enthalten, hierunter leidet die Qualität der Rentenversicherung jedoch nicht: Zur Auswahl stehen international investierte ETFs, Schwellen- und Entwicklungsländer (Emerging Markets), Small Caps (kleine Unternehmen) sowie nachhaltige Optionen. Diese Auswahl macht es einem leicht, die Rentenversicherung als Kern der Altersvorsorge zu begreifen.
5. Fonds wechsel dich
Ein starkes Argument pro ETF-Rentenversicherung ist die Möglichkeit, jederzeit kostenlos und steuerfrei die Fonds zu wechseln. Hierunter fallen Sparplanänderungen sowie Umverteilungen des Vertragsguthabens.
Aber Halt – soll oder muss überhaupt getauscht werden? Es heißt doch häufig, dass sobald einmal ausgewählt, das Portfolio unberührt bleiben soll?
Zur Beantwortung dieser Frage braucht es einen Blick in die Zukunft und ein kleines Gedankenspiel:
- Aktuell möchte der Sparer Asien aufgrund der geopolitischen Entwicklungen höher gewichten als die USA oder Europa.
- In den Jahren vor Renteneintritt wird ein Ablaufmanagement gewünscht. Dies meint das sukzessive Umschichten in schwankungsärmere und weniger aktienlastige ETFs. Dies senkt im Übrigen möglicherweise die Teilfreistellung.
- Hinterlegte ETFs sollen automatisch jedes Jahr balanciert werden.
- Fakt ist auch: Nur weil über Jahre hinweg in einen Index investiert wurde, kann dennoch in einen anderen ETF, der eben diesen Index abbildet, investiert werden, weil es zukünftig einen kostengünstigen oder anderweitig optimierten ETF auf diesen Index gibt. Das beste Beispiel hierfür: Der MSCI World existiert als Index bereits seit Jahrzehnten; der mindestens genauso beliebte iShares Core MSCI World UCITS ETF hingegen erst seit 2009.
- Nehmen wir an, der vom Sparer ausgewählte ETF wird aufgelöst. Diesem Schicksal erlagen im Jahr 2020 rund 250 ETFs. Wenn dies der Fall ist, besteht entweder die Möglichkeit einer Fusion, dh. ETF-Anteile werden umgetauscht, oder einer Liquidation, die ETF-Anteile werden also zu einem festgelegten Stichtag verkauft – dies ist jedoch eher selten der Fall bei beliebten ETFs. Bei erstgenannter Option fallen bei identischem Fondsdomizil keine Steuern.
Was zeigen diese Beispiele? Bei einem Fondswechsel im Depot würde bei allen Szenarien Steuern anfallen. Bei einer Rentenversicherung jedoch nicht. Auch wenn nur jedes Jahrzehnt ein Fondswechsel vorgenommen wird, ist die Höhe der gesparten Steuern signifikant.
6. Anlagepsychologie und Reflexion
Das Durchstehen einer langen Anlagedauer von mehreren Jahrzehnten, häufig mindestens dreißig, wenn nicht sogar vierzig Jahren, ist nicht so einfach, wie man meinen könnte. Denn das Leben spielt bekanntlich nach seinen eigenen Regeln und ist auch aus finanzieller Sicht nur bedingt planbar. Daher wird es immer wieder Versuchungen geben, vorzeitig an das angesammelte Kapital zu gelangen. Diese Versuchungen können Namen wie “Renovierung des Hauses”, “Hochzeitsreise”, “kaputtes Auto” oder “Auslandsstudium” tragen. Dennoch ist es wichtig, sich stets ins Gedächtnis zu rufen, dass die Altersvorsorge hierfür schlichtweg nicht zuständig ist. Es gilt die Altersvorsorge klar und deutlich vom Vermögensaufbau abzugrenzen.
Niemand behauptet, dass ein so langer Sparprozess nicht durchzuziehen sei – das ist er absolut. Dennoch lassen sich die psychologischen Hürden nicht wegdiskutieren. Hierbei ist es besonders wichtig, dass der Sparer in der Lage ist, sich selbst bzw. sein Verhalten zu reflektieren und ein realistisches Selbstbild zu produzieren. Und auch wenn die meisten von uns zu dem Ergebnis kommen, ein rationaler und logischer Mensch zu sein, so werden Entscheidungen dennoch überwiegend unter Einbindung unserer Emotionen getroffen.
Kommt es hierzu, so ist die Hemmschwelle, sich Geld vom Depot über eine TAN-App aufs Konto zu ziehen, ziemlich gering.
Wer eine konstante Rente im Alter bezieht, lebt planbarer und dahingehend entspannter. Der- oder diejenige kann mit einer festen monatlichen Summe auf dem Konto rechnen, ganz ohne die Sorgen über das “zu viel Leben für zu wenig Depotinhalt” oder die aktuelle Lage der Börse.
Psychologisch ähnlich verhält es sich mit der Berufsunfähigkeitsversicherung: Welcher junge Mensch kann oder möchte sich schon vorstellen, plötzlich nicht mehr am beruflichen Leben teilhaben zu können, ob aufgrund schwerer Krankheit oder etwa eines Unfalls? Der Großteil derjenigen, die sich hiermit auseinandersetzen, gehen davon aus, auch weiterhin irgendeine Art der Beschäftigung ausüben zu können. Auch hier sollte man sich nicht “zu weit aus dem Fenster lehnen”, zumal das Ausüben eines Minijobs und Co. leider kaum in der Lage sein wird, seinen bisherigen Lebensstandard zumindest finanziell aufrechtzuerhalten. Wer berufsunfähig wird, sollte nicht auch noch monetäre Sorgen leiden.
Zurück zur Altersvorsorge: Das ständige Kontrollieren des eigenen Entnahmeplans sowie der Entwicklung der Börse kann ein spaßiger Zeitvertreib sein und Freude machen – muss es aber nicht. Sobald Panik, Stress oder gar eine Art obsessive Kontrolle hieraus werden, sollte man nach Möglichkeit kürzertreten. Denn wer braucht schon Stress im Rentenalter?
7. Die Frage der Kosten
Warum ziehen viele Menschen, wie etwa Ingenieure oder Informatiker, den ETF-Sparplan der ETF-Rentenversicherung vor? Die Antwort: Wenn ich ein und denselben ETF bespare, so reduzieren die Kosten der Rentenversicherung das Ablaufergebnis im Vergleich zum Depot – warum also mehr zahlen bzw. am Ende weniger haben? Es stimmt, mit Blick auf einzelne Tarife machen die Kosten der Rentenversicherung deren Vorteile zunichte.
Doch ist das wirklich immer der Fall?
Als sog. Effektivkosten werden die Kosten einer Rentenversicherung betitelt. Diese bestehen aus der Rendite, die durch das Produkt verloren gegangen ist. ETFs sind bekannt für ihre geringen Kosten, diese belaufen sich regelmäßig auf circa 0,2 %, Rentenversicherungen hingegen auf 1-2%.
In totalen Zahlen: Nimmt man bereits 1% zusätzliche Kosten an, so sinkt die Ablaufleistung (vor Steuern) bei einem Sparbetrag von 300 € über eine Laufzeit von 35 Jahren und 7% ETF-Rendite um etwa 100.000€ – eine ganze Menge Geld. Diese Differenz hat ihre Ursache häufig auch in der im Versicherungsprodukt enthaltenen Provision und stellt ein klares Argument gegen eine Rentenversicherung dar.
Doch es gibt eine einfache und logische Lösung für dieses Dilemma: Meiden Sie kostenintensive Rentenversicherungen. Es gibt genug provisionsfreie Tarife, die zu deutlich geringeren Kosten führen. Diese heißen Honorar- oder Nettotarife und beginnen bereits ab 0,25% Effektivkosten zzgl. ETF. Selbst Provisionstarife gibt es bereits ab 0,5% Effektivkosten.
Ja – teure Rentenversicherungen existieren. Aber eben nicht nur. Von einer pauschalen Unbezahlbarkeit bzw. Nicht-Rentabilität auszugehen, wäre schlichtweg falsch.
8. Fazit: Vorteile verbinden – Strategien kombinieren
Der hiesige Vergleich zeigt: Es gibt keine Verlierer, sondern nur Gewinner. Zumindest in der richtigen Kombination. Sowohl die eine als auch die andere Art der Altersvorsorge vermag die Defizite der jeweils anderen auszugleichen. Warum also “oder”, wenn “und” am sinnvollsten ist?
Ein ETF-Depot und eine ETF-Rentenversicherung bilden – neben der staatlichen Rente – die Grundlage für finanzielle Stabilität im Alter, um die Sie sich jetzt bereits kümmern können. So glänzen ETF-Rentenversicherungen insbesondere mit den steuerlichen Erleichterungen, vorausgesetzt man entscheidet sich für einen günstigen Tarif. Auch lässt sich etwa die Erbschaftssteuer im Todesfall umgehen, da das Vertragsguthaben nicht der Erbmasse zufließt, sondern hiervon unabhängig auf dem Konto des Erben eingeht.
Zum Thema “Erben und/oder Schenken” finden Sie hier einen lesenswerten Betrag, der Ihnen aufzeigt, warum hier ein Finanzberater hinzugezogen werden sollte.
Woher kommen eigentlich die steuerlichen Vorteile der ETF-Rentenversicherung? Grund hierfür ist der Wunsch des Staats, die eigenen Bürger möglichst (lebens-) lang zu versorgen und nicht im hohen Alter ins Sozialsystem aufnehmen zu müssen, wenn etwa das Depotvermögen versiebt ist.
Nehmen Sie aus diesem Beitrag mit, dass Rentenversicherungen moderner, flexibler und kostengünstiger sind als Ihr Ruf.
9. Bonus: Tipps für die ideale ETF-Rentenversicherung
- Nutzen Sie die Rentenversicherung ausnahmslos für die Altersvorsorge, nicht für den mittelfristigen Vermögensaufbau.
- Lassen Sie sich nicht von Steuerspartipps oder günstigen Konditionen blenden, sondern begreifen Sie Ihre Altersvorsorge als ganzheitliche Strategie mit mehreren Faktoren, die alle ihre Berechtigung haben und Beachtung verdienen.
- Investieren Sie maximal die Hälfte der gesamten Sparrate in Rentenversicherungen.
- Spätestens ab Erreichen des Sparer-Pauschalbetrags (801 €; beispielsweise erreicht bei einem Depotvermögen von 50.000€ in ausschüttenden ETFs) sind die steuerlichen Vorteile einer Rentenversicherung besonders relevant.
- Halten Sie die Effektivkosten durch Nutzung eines Honorar- oder Nettotarifs so gering wie möglich und vergleichen Sie die verschiedenen Angebote genau.
- So kann die ideale Altersvorsorge aussehen: Ihre staatliche Rente, ein ETF- und Aktien-Depot, eine ETF-Rentenversicherung sowie Renditeobjekte (vermietete Immobilien).
2 Antworten
Sie haben absolut recht, dass das “Vehikelrisiko” bei fondsgebundenen Rentenversicherungen ein wichtiger Aspekt ist, der oft übersehen wird. Während ETFs im eigenen Depot als Sondervermögen gelten und somit vor Insolvenz geschützt sind, birgt die Rentenversicherung tatsächlich das Risiko, in die Insolvenzmasse des Versicherers zu fallen. Ihr Ansatz, erst ETFs zu besparen und danach eventuell eine Rentenversicherung abzuschließen, ist sinnvoll und durchdacht – gerade in Hinblick auf den Steuerstundungseffekt. Ich bin gespannt, wie sich die PEPP-Rente entwickeln wird!
Meiner Meinung nach ein sehr guter Artikel. Ich halte es selber wie folgt: Anlage in ausschüttende, marktbreite ETFs, bis der Sparerpauschbetrag ausgeschöpft ist (neuerdings 1000€/a für Singles, 2000€/a fûr Verheiratete).
Erst danach schließe ich ggf. einen privaten Fondssparplan im Rentenversicherungsmantel ab.
Ich hoffe, dass bis dahin die Pan European Pension Products (alias “Europa- bzw. PEPP-Rente”) auf dem deutschen Markt verfügbar sind und steuerlich begünstigt werden bzw. generell attraktiv sind.
Erwähnenswert finde ich noch ein gewisses Risiko, wenn man statt ETFs im eigenen Depot über eine Rentenversicherung anlegt: und zwar das Risiko, das Hartmut Walz als “Vehikelrisiko” bezeichnet: Während Wertpapiere im privaten Depot als sog. “Sondervermögen” vor einer Pleite der Depotbank unberührt sind, würde das in der fondsgebundenen Rentenversicherung angesparte Kapital (meines laienhaften Wissens nach) in die Insolvenzmasse des Versicherers miteinfließen. Dieses Ereignis ist zwar “low probability”, dafür aber mit “high impact”. Falls es mal ein Beben in der Finanzwelt gibt, würde ich nicht ausschließen, dass Versicherer auch pleite gehen.
Da überlege ich, ob es nicht schlauer ist, bis zum Renteneintritt das Privatdepot weiterzubesparen (auch nach Ausschöpfen des Sparerpauschbetrages, dann halt etwas Steuerstundungseffekt durch Thesaurierer mitnehmen) und einfach das Kapital zum Ende der Ansparphase/Beginn der Entnahmephase zu verrenten.